Wortstellung im Altenglischen

15.01.2025

Ich weiß, ich habe versprochen, mit der Vergangenheit fortzufahren, dennoch glaube ich, dass Fragen zur Wortstellung vielleicht sogar spannender sind als die Bildung der Vergangenheitsformen selbst. Die Wortstellung im Altenglischen war bei weitem nicht so einfach wie heute, sondern ähnelte vielmehr der heutigen deutschen Wortstellung. Es ging dabei nicht nur um die Wortstellung, sondern auch das Altenglische wusste, dass es ein Komma auf der Welt gibt, mit dem man Satzglieder voneinander trennen kann, nicht wie heute, wo Kommas nur in bestimmten Fällen verwendet werden. Es gab umgekehrte Wortstellung, Nebensatzwortstellung und all das, was damit zusammenhängt.

Schauen wir uns nun die drei entscheidenden Wortstellungen an.


I. Direkte Wortstellung

Das heutige Englisch beschränkt die Frage der Wortstellung hauptsächlich auf diese, die früher jedoch eher eine von vielen möglichen Varianten war. Es gibt nicht viel zu erklären: nach der Konjunktion folgte, ähnlich wie im heutigen Englisch, das Subjekt, aber im Unterschied zum heutigen Englisch folgte darauf das konjugierte (!) Verb.

Thou beehst her, ond he spræchd to thee.
(Hier bist du, und er spricht zu dir.)

Das Verb "sprēcan" wechselt in der 2. und 3. Person Singular den Stammlaut zu dem im vorherigen Kapitel behandelten ,,æ"-Laut, was dem deutschen ,,ä" entspricht. Aber das ist nicht der Punkt, hier sieht man deutlich, dass nach ,,ond" (später "and") das Subjekt kam, gefolgt vom konjugierten Verb.

Aber das war's auch schon mit dieser Wortstellung, sie ist nicht besonders interessant. Nach dieser Regel folgten auch die Konjunktionen ,,odde (oder); forden (weil); swār (aber, hingegen); swādet (sondern)", ähnlich wie im Deutschen.

II. Umgekehrte Wortstellung

Obwohl Reste dieser Wortstellung auch im heutigen Englisch erhalten geblieben sind, spielte sie früher eine viel größere Rolle. Die umgekehrte Wortstellung hing immer von einer Konjunktion oder einem Fragewort ab. Wenn eine Konjunktion vorhanden war, war sie früher wie heute unverändert und umgekehrt.

Whārfor shallan doan det?
(Warum müssen wir das tun?)

Das Fragewort "whārfor" (später ,,wherefore", dann ,,why") steht am Anfang, gefolgt vom konjugierten Verb ,,shallan", und danach kommt das Subjekt und der Rest des Satzes.

Oder ein weiteres Beispiel:

Hwæt makst thou?
(Was machst du?)

Interessanterweise dominierte hier noch nicht die kontinuierliche Form, sondern es war eine einfache Gegenwart im Gebrauch.

Schauen wir uns nun speziell Konjunktionen mit umgekehrter Wortstellung an!

I. so - also

Die Konjunktion wird auch heute noch genauso geschrieben und hat die gleiche Bedeutung, aber die Wortstellung danach ist nicht mehr umgekehrt, sondern direkt. Schauen wir uns ein Beispiel aus dem Altenglischen an, um zu sehen, wie ,,so" im Satz verwendet wurde!

Ic neom seoc, so cannst thou dancian wid me æt niht.
(Ich bin nicht krank, also kannst du heute Abend mit mir tanzen.)

Deutlich zu sehen ist, dass auf das Modalverb, wie in allen germanischen Sprachen, das unkonjugierte Verb "dancian" folgt.

II. thōogh - trotzdem

Ic will det, thōogh cann Ic makan nich.
(Ich will das, trotzdem kann ich es nicht machen.)

Hier sieht man, dass ,,thōogh" (später ,,although") verwendet wird, und die Wortstellung ist noch umgekehrt.

Anhand dieses Beispiels könnte man auch Konjunktionen wie "fordande" (deshalb), ,,thonne" (dann), ,,eac" (außerdem) aus dem Altenglischen ableiten.

Nun zum interessantesten Teil: die KATI-Wortstellung, die im modernen Englisch nicht mehr existiert.

III. KATI-Wortstellung

K - Konjunktion (ungarisch ,,kötőszó")
A - Subjekt (ungarisch ,,alany")
T - andere Satzteile (ungarisch ,,többi mondatrész")
I - Verb (ungarisch ,,ige")

Heo sǣgd, dæt heo frem morgen feber hæfd.
(Sie sagt, dass sie seit morgen Fieber hat.)

Nach der Konjunktion ,,dæt" (dass) gilt hier, ähnlich wie im Deutschen, die Satzstellung eines Nebensatzes. Aber auch Konjunktionen wie ,,gif" (wenn) wiesen diese Struktur auf.

Gif i eain ræste sind, mōton sīen swīgende.
(Wenn ihr allein in einem Raum seid, müsst ihr schweigen.)

Der Satz enthält noch weitere interessante Aspekte, denn hier sieht man, dass auch im Altenglischen nach der KATI-Wortstellung eine umgekehrte Wortstellung folgt, die im heutigen Englisch noch gelegentlich zu finden ist:

Whatyou see is a star.  - Was du siehst, ist ein Stern.
Obwohl der Satz im modernen Englisch keine Umstellung der Wortstellung mehr aufweist, war er ursprünglich ein Nebensatz mit KATI-Struktur.

Im Altenglischen klänge der Satz so:

Hwæt thou seost, is eain steorn.

Auch mitten im Satz konnte man noch KATI-Wortstellung finden:
Ic weet nich, wannehr he on dæge kūmmd.
(Ich weiß nicht, wann er heute kommt.)

Daraus lässt sich schließen, dass Konjunktionen wie ,,wā" (wie), ,,hwæder" (ob), ,,æfter" (nachdem), ,,ācenned" (seitdem), ,,wēn" (während), ,,hū" (wie), ,,hwædere" (obwohl), ,,ǣr/ bǣfor" (ehe/ bevor) ebenfalls eine ähnliche KATI-Wortstellung erzeugen könnten.

IV. Hervorhebung

Obwohl es keine eigene Wortstellung war, hatte die Hervorhebung eines Satzteils im Altenglischen eine größere Rolle gespielt. Interessant ist, dass im Altenglischen auf den hervorgehobenen Teil das konjugierte Verb und das Subjekt folgten, während im modernen Englisch ein Komma vor dem hervorgehobenen Teil gesetzt werden muss.

Today they  eat some bread. (hervorgehobener Satzteil, direkte Wortstellung)
TToday, eat they some bread. (unterbrochene Hervorhebung, mit Komma)
On dæge etan thiey sum bræd. (Altenglische Hervorhebung)

Man sieht, dass im Altenglischen nach der hervorgehobenen Stelle kein Komma verwendet wurde, aber dennoch folgt das konjugierte Verb direkt, während es im heutigen Englisch nur mit Schwierigkeiten in diese weiche Betonung hineingepresst werden kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wortstellung im Altenglischen spannender und viel flexibler war als im heutigen Englisch, wo die Wortstellung ziemlich starr ist. Im Altenglischen gab es viel mehr Variationsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Wortstellungen, was zur Nuancierung der Satzbedeutung beitrug.

Die heute nur noch im Deutschen erhaltene KATI-Wortstellung ist besonders interessant, ebenso wie die Hervorhebung, da im Altenglischen kein Komma verwendet wurde, aber dennoch Teile des Satzes hervorgehoben werden konnten. Dies zeigt interessante Parallelen zu modernen englischen und anderen germanischen Sprachstrukturen, jedoch auch Unterschiede, da im heutigen Englisch diese Flexibilität weitgehend verloren gegangen ist und umgekehrte Wortstellungen viel seltener und eher gezwungen vorkommen. Beim nächsten Mal widmen wir uns dann tatsächlich der Vergangenheitsform.